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Zitate zur Person

Heinrich Roos

21.12.1906 – 30.10.1988

Zitate aus dem Bericht von Heinrich Roos über den antinazistischen Widerstand seines Freundeskreises

Was tut man, wie lebt man (…) als geistig engagierter Gegner vor und nach dem 30. Januar 1933 bis zum Ende des „1.000-jährigen Reiches“? Man steht, lebt und handelt in einer Kette (…), deren Glieder umso stabiler und gleichzeitig unfassbar(er) sind, je länger sie sich kennen, je weniger sie reden um des Redens willen, je weniger sie durch demonstrativ-nutzloses Auftreten der Wirksamkeit der Kette schaden (und) ihre Glieder gefährden, statt die Schwachstellen des Staatsapparates zum Zweck der Information, des Kontaktes mit dem Ausland, der Warnung gefährdeter Mitbürger, der Hilfeleistung für in persönliche, wirtschaftliche und insbesondere in berufliche Not Geratene auszunutzen. (…)

Die Zusammenkünfte erfolgten weitgehend regelmäßig, sofern nicht eine besondere Warnung vorlag. Besondere Notwendigkeiten wurden bei verabredeten Waldspaziergängen besprochen, und (hierbei wurden auch) Unterlagen ausgetauscht.

Ein Kontakt zu vielen SPD-Leuten war zunächst (…) wie abgeschnitten, konnte jedoch allmählich mit dem einen oder anderen wieder geknüpft werden. (…) (Befreundete) Mitglieder der Deutschen Demokratischen Jugend (Jungdemokraten) (und auch meine anderen Freunde und ich) haben (…) wachsam und mit Verstand bis in den Krieg hinein untereinander enge Fühlung halten können. (…)

Das Steueramt in der Rheinstraße war (…) ein Amt, in dem man als „innerer Emigrant“ relativ sicher sein konnte. Es gab keine Denunzianten, man schätzte (meine) Meinung (…), keiner interessierte sich für (m)eine Besucher im Amt. (…) Da kamen jüdische Mitbürger, Geschäftsinhaber und Hauseigentümer auf der einen Seite und „arische“ Interessenten auf der anderen Seite, oftmals sogar gemeinsam, und wollten Rat betreffs der berüchtigten „Arisierung“. (…)

Von Wohnung zu Wohnung ein nicht gerade harmloses Ferngespräch zu führen, war nicht ratsam. Dagegen konnte man von seinem Diensttelefon (aus) jedes Gespräch führen, insbesondere mit auswärts (…).

Der fragliche 20. Juli – Attentat auf Hitler – ließ (mich) vollkommen ungerührt. (Ich) verbrachte den Tag und den 21. Juli ausschließlich in (m)einem Büro, indem (ich m)ich für den 20./21. Juli 1944 zum Nachtdienst im Luftschutz einteilen ließ. In der Erinnerung ist haften geblieben die Bemerkung des harmlosen, unpolitischen, aber anständigen Amtmanns und Parteigenossen (Erich) Lippelt: „So ein Trottel, er hätte bei seiner Aktentasche stehen bleiben sollen …!“ Ich hatte ihm in Gedanken nichts hinzuzufügen! Es war die einhellige Meinung unseres Kreises und zahlreicher Herren des Abwehrdienstes in der Wilhelmstraße: Die „Stunde null“ naht! Konsequent durchhalten bis zum Schluss, dann da sein und das Notwendige tun! (…)

Am 28. März (1945) rückten die Amerikaner (ein), wurde für 15 Uhr der engere Kreis in mein Büro in der Rheinstraße 22, Zimmer 8 eingeladen, und am 29. März (wurde) der Aufbau-Ausschuss (Wiesbaden) gegründet.