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LangBiografie

Ludwig Beck

29.06.1880 - 20.07.1944

Der Sohn des auch kommunalpolitisch engagierten Eigentümers der Biebricher Eisen- und Stahlgießerei Rheinhütte Prof. Dr. Ludwig Beck schlug nach seinem Abitur am Humanistischen Gymnasium in Wiesbaden, der heutigen Diltheyschule, die Offizierslaufbahn ein. Den Ausgang des Ersten Weltkrieges, in dem er als Generalstabsoffizier an der Westfront eingesetzt gewesen war, und die Novemberrevolution des Jahres 1918 hatte Beck als nationale Schmach empfunden. Erst noch Anhänger der damals durchaus nicht nur in bürgerlichen Kreisen weit verbreiteten „Dolchstoßlegende“, nach welcher der Sieg des deutschen Heeres angeblich durch die Antikriegsagitation der Sozialdemokratie und das sonstige Vorgehen der Revolutionäre verhindert worden sei, revidierte er dieses Fehlurteil schließlich.

Der trotzdem weiterhin überzeugte Monarchist diente während der von ihm somit gewiss nicht geschätzten Weimarer Republik in verschiedenen Truppen- und Stabsstellen und war dabei massiv an der geheimen Aufrüstung beteiligt. Zum Generalleutnant aufgestiegen, wurde er im Herbst 1933 zum Chef des Truppenamtes im Reichswehrministerium ernannt, so bis 1935 die Tarnbezeichnung des Generalstabes des Heeres. Hitlers „Drittem Reich“ gegenüber anfänglich noch positiv positioniert, sorgte Beck zielstrebig für dessen weitere Aufrüstung. Früh verlangte er die Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht und die Remilitarisierung des Rheinlandes, was beides von Hitler dann 1935/36 unter Bruch der Verträge von Versailles und Locarno in die Tat umgesetzt wurde. Während Beck den Aufstieg Deutschlands zur zentraleuropäischen Hegemonialmacht ermöglichen wollte, waren dies für Hitler unabdingbare Voraussetzungen zur Vorbereitung des von ihm angestrebten großen Expansionskrieges.

General Ludwig Beck Von Beck, inzwischen zum General der Artillerie befördert, sind begrenzte, rasch durchgeführte Kriege in Mitteleuropa zur Durchsetzung deutscher Interessen nie ausgeschlossen worden. Gleichwohl hatte ihn Hitlers Ankündigung vor den höchsten militärischen Befehlshabern sowie dem Reichsaußenminister vom 5. November 1937 immens bestürzt, demnächst, d. h. bei noch nicht vollständig erfolgter Wiederaufrüstung zunächst die Tschechoslowakei und Österreich zu annektieren, um später die Behebung der vorgeblichen deutschen „Raumnot“ insgesamt ebenfalls auf dem „Weg der Gewalt“ herbeizuführen. Obwohl ihn die Totalitätsansprüche und die extreme Amoralität Hitlers und seiner Gefolgschaft bereits seit geraumer Zeit abgestoßen hatten, führte erst der höchst riskante Kriegskurs des Diktators bei Beck zu jenem, von mehreren Denkschriften markierten Distanzierungsprozess, der ihn – freilich vergebens – den kollektiven Rücktritt der Generalität zwecks Bewahrung des Friedens fordern ließ. Jener Konflikt endete schließlich mit dem Entlassungsgesuch des Generalstabschefs im Sommer 1938.

Zumindest informell stand der bei seinem Ausscheiden zum Generalobersten beförderte Beck mit jenen militärischen und zivilen Regimegegnern in Verbindung, die bereits im September 1938 einen ersten konkreten Staatsstreichplan entwickelt hatten. Dieser war dann aber wegen der durch das Münchner Abkommen zwischen Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Italien ermöglichten kampflosen Besetzung des Sudetenlandes hinfällig geworden. In jedem Fall war der wegen der Kirchenfeindlichkeit des Regimes, der Pogrome im November jenes Jahres und mehr noch ob des ab September 1939 erfolgenden Völkermordes an den Juden, aber auch wegen der kaum minder abscheulichen Kriegsführung in Polen maßlos empörte Beck in die diversen künftigen Umsturzplanungen federführend einbezogen. Ähnlich gilt dies für seinen schon 1937 aus Protest gegen eine antijüdische Maßnahme des Regimes vom Amt des Leipziger Oberbürgermeisters zurückgetretenen langjährigen konspirativen Kooperationspartner, den einstmals deutschnationalen Monarchisten Dr. Carl Goerdeler. Beide waren nicht nur Hauptakteure, sondern vielmehr unangefochtene Anführer der diesbezüglichen zivil-militärischen Opposition bürgerlicher Prägung.

In Becks Domizil in Berlin-Lichterfelde fanden viele konspirative Treffen der Widerständler des „20. Juli“ statt. Daneben unterhielt Beck spätestens seit 1939 klandestine Beziehungen auch mit Vertretern der demokratischen Linken, insbesondere mit dem früheren hessischen Innenminister und sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer Wilhelm Leuschner. Schon bei ihrem ersten Treffen im Herbst jenes Jahres wurde ihr von großem wechselseitigen Respekt getragenes Vertrauensverhältnis begründet. Dieses sollte die stabile Basis für die umsturzrelevante Kooperation von Regimegegnern aus dem Militär, dem Bürgertum und aus der nichtkommunistischen Arbeiterbewegung bilden, welche für die Freiheitserhebung vom 20. Juli 1944 konstitutiv war.

Beck erstellte auch fortan noch Denkschriften außen- wie innenpolitischen Charakters, manche davon gemeinsam mit Dr. Goerdeler. Diese zielten auf Errichtung einer parlamentarischen Monarchie bzw. auf die eines ständestaatlich-autoritären Staatswesens ab, was aber von Leuschner und seinen Mitstreitern bestimmt nicht akzeptiert worden wäre, wenigstens nicht auf Dauer. Auch an der Ausarbeitung bzw. der Überarbeitung von Aufrufen an die Wehrmacht und an die Zivilbevölkerung war Beck beteiligt. Aus dem Gedenkblock zum 20. Jahrestag des UmsturzversuchsMit Nachdruck bestand er darauf, dass am politischen Charakter des geplanten Staatstreichs auch von den beteiligten Militärs nicht gerüttelt wurde. Aus demselben Grund forderte er seit Herbst 1943 die Benennung sogenannter Politischer Beauftragter und Unterbeauftragter für die einzelnen Wehrkreise. Diese sollten am Tag X umgehend herangezogen werden und „bis auf weiteres die Aufgaben des Verwaltungschefs“ übernehmen. Auch sollten sie den jeweiligen „Wehrkreisbefehlshaber in allen politischen Fragen“ beraten und überhaupt dort für die Durchsetzung der zivilen Ziele der zunächst noch auf das Militär gestützten Umsturzregierung sorgen.

An ihre Spitze wäre Ludwig Beck selbst gerückt, dem danach auch das Amt des Staatsoberhaupts des neuen, nun wieder nach rechtsstaatlichen Grundsätzen aufgebauten Staatswesens übertragen worden wäre. Dieses hätte aber erst nach dem Ende des Krieges und nach der Durchführung von freien Wahlen begründet werden können. Wegen seiner Krebserkrankung wäre Beck aber wahrscheinlich schon bald von Wilhelm Leuschner abgelöst worden. Dieser sollte zunächst als Vizekanzler fungieren, während Carl Goerdeler – aller Voraussicht nach ebenfalls nur übergangsweise – das Amt des Reichskanzlers zugedacht gewesen war. Dass durch jenen Rechts- und Verfassungsstaat eine wirkliche soziale Demokratie konstituiert werden müsse, darin waren sich keineswegs nur die in die Verschwörung involvierten, bereits seit gut einem Jahrzehnt miteinander verbündeten christlichen, liberalen und sozialdemokratischen Widerständler einig.

1964 am Biebricher Elternhaus in der Rheingaustraße 138 / Ecke Am Parkfeld angebrachte Gedenktafel Nachdem der Aufstand binnen weniger Stunden in sich zusammengebrochen war, wurde Beck am späten Abend des 20. Juli 1944 in der Befehlszentrale der Verschwörung, dem Oberkommando des Heeres im Berliner Bendlerblock, gefangen genommen und – als sein Versuch, sich selbst zu töten, zweimal gescheitert war – gegen Mitternacht erschossen.

Gedenktafel in der Wiesbadener Diltheyschule An ihn erinnern in Wiesbaden eine Gedenktafel am Wohnhaus der Eltern in Biebrich, die Ludwig-Beck-Schule auf dem Gräselberg, eine Gedenktafel in der Pausenhalle der Diltheyschule und biographische Hinweise auf deren Homepage sowie der durch die hessische Landeshauptstadt verliehene Ludwig-Beck-Preis für Zivilcourage.

Dr. Rolf Faber

Herkunft der Bildquellen

Ludwig Beck

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Ludwig Beck

National Archives, Washington

General Ludwig Beck

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General Ludwig Beck

Stadtarchiv Wiesbaden, NL 75, Nr. 206

In Becks Domizil in Berlin-Lichterfelde fanden viele konspirative Treffen der Widerständler des „20. Juli“ statt.

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In Becks Domizil in Berlin-Lichterfelde fanden viele konspirative Treffen der Widerständler des „20. Juli“ statt.

Dr. Rolf Faber, Wiesbaden

Aus dem Gedenkblock zum 20. Jahrestag des Umsturzversuchs

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Aus dem Gedenkblock zum 20. Jahrestag des Umsturzversuchs

Stadtarchiv Wiesbaden, NL 75, Nr. 2765

1964 am Biebricher Elternhaus in der Rheingaustraße 138 / Ecke Am Parkfeld angebrachte Gedenktafel

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1964 am Biebricher Elternhaus in der Rheingaustraße 138 / Ecke Am Parkfeld angebrachte Gedenktafel

Dr. Axel Ulrich, Wiesbaden

Gedenktafel in der Wiesbadener Diltheyschule

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Gedenktafel in der Wiesbadener Diltheyschule

Dr. Axel Ulrich, Wiesbaden

General Ludwig Beck In Becks Domizil in Berlin-Lichterfelde fanden viele konspirative Treffen der Widerständler des „20. Juli“ statt. Aus dem Gedenkblock zum 20. Jahrestag des Umsturzversuchs 1964 am Biebricher Elternhaus in der Rheingaustraße 138 / Ecke Am Parkfeld angebrachte Gedenktafel Gedenktafel in der Wiesbadener Diltheyschule