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Zitate zur Person

Dr. Fabian von Schlabrendorff

01.07.1907 – 3.09.1980

Zitate aus Schriften und Reden Dr. Fabian von Schlabrendorffs

Ich entschloss mich (…), die Rechtsanwaltslaufbahn zu ergreifen. Zu diesem Zweck begab ich mich im Herbst 1933 in die Provinz. Dort hörte meine politische Tätigkeit nicht auf. Aber sie verlor, infolge fehlender Verbindung nach Berlin, an Bedeutung und wurde zur Kleinarbeit im Stillen. Immerhin gelang es, in Rheinhessen und Pommern eine verlässliche antinationalsozialistische Zellenbildung ins Leben zu rufen. Viele wertvolle Menschen wurden in mühevoller, langwieriger Einzelarbeit gewonnen und der Oppositionsbewegung eingegliedert. Es ist unmöglich, alle Namen zu nennen. Als ich 1938 nach Berlin zurückkehrte, fand ich ein verändertes Bild vor. War die deutsche Opposition gegen Hitler früher ein loses Mosaikbild der vor 1933 politisch führenden Kräfte gewesen, so war jetzt zwar keine feste Organisation, aber ein Zusammenspiel entstanden, in dem diese Kräfte sich entfalteten. Es war eine Vielfalt von Kreisen vorhanden, die sich gegenseitig überschnitten, wobei bald der eine im Mittelpunkt stand, bald der andere. Ich kannte zwar viele Personen aus diesen Kreisen, gehörte aber keinem ausschließlich an. Mein Weg sollte eine andere Richtung nehmen. Durch (meinen vormaligen Dienstvorgesetzten im Preußischen Innenministerium Herbert von) Bismarck lernte ich den späteren General Hans Oster kennen, der eine leitende Stellung im militärischen Nachrichtendienst Deutschlands bekleidete. Er war Chef des Zentralamtes im Oberkommando der Wehrmacht. Damit war ich unmittelbar bis ins Zentrum der Widerstandsbewegung vorgedrungen. (…) Oster sah seine Aufgabe darin, eine Brücke zwischen den zivilen Kreisen der Opposition und dem Militär zu schlagen. Wir lebten in einer Diktatur. Mit demokratischen Mitteln und dem Stimmzettel war nichts zu erreichen. Den zivilen Kräften waren ohne militärischen Rückhalt die Hände gebunden. Unsere Arbeit konnte nur Erfolg haben, wenn es gelang, militärische Kräfte für unsere Absichten zu gewinnen. (aus: Offiziere gegen Hitler, 1984)

Aber mit Flugblättern ließ sich eben ein Tyrann wie Hitler nicht stürzen. (aus: Begegnungen in fünf Jahrzehnten, 1979)

Zu Beginn des Jahres 1941 verstand es (der damalige Oberstleutnant Henning von) Tresckow, meine Versetzung in den Stab der Heeresgruppe Mitte an der russischen Front durchzusetzen. Er selbst war inzwischen erster Generalstabsoffizier dieser Heeresgruppe geworden und bekleidete damit einen wichtigen Posten. Durch meine neue Stellung als sein Ordonnanzoffizier war eine tägliche Zusammenarbeit möglich, die bis zum Tode Tresckows von dem einen Gedanken getragen war, kein Mittel unversucht zu lassen, um Hitler und sein System zu stürzen. (aus: Offiziere gegen Hitler, 1984)

Nach dem Mittagessen in Smolensk begab sich Hitler (am 13. März 1943) im Auto, von (Generalfeldmarschall Günther von) Kluge und (Oberst im Generalstab von) Tresckow begleitet, zum Flugplatz zurück. Etwa zur gleichen Zeit nahm ich die Sprengbombe und brachte sie in einem anderen Auto zum Flugplatz. (…) Als ich bemerkte, dass Hitler im Begriff war, sein Flugzeug zu besteigen, betätigte ich die Zündung der Bombe. (…) Kurz darauf übergab ich auf einen Wink Tresckows das Paket dem Obersten (Heinz) Brandt, dem Begleiter Hitlers, der sich bereit erklärt hatte, es mitzunehmen. (…) Nach mehr als zwei Stunden traf die für uns niederschmetternde Nachricht ein, dass Hitler auf dem Flugplatz Rastenburg in Ostpreußen gelandet sei und sein Hauptquartier erreicht habe. Es bestand kein Zweifel mehr, dass das geplante und so sorgfältig vorbereitete Attentat missglückt war. (aus: Offiziere gegen Hitler, 1984)

Obwohl Hitler den Schutz des Teufels offenbar auf seiner Seite hatte, blieb Tresckow unerschüttert. (Er) bat um einen längeren Krankenurlaub (und) erhielt diesen Urlaub, benutzte ihn aber nicht, um sich zu schonen und zu erholen, sondern um (im Sommer 1943) zusammen mit (Oberst Claus Graf Schenk von) Stauffenberg die Pläne auszuarbeiten, die notwendig waren, um einen Staatsstreich in Szene zu setzen. (…) Die Schwierigkeit bestand natürlich in der Notwendigkeit, die für den in Vorbereitung befindlichen Staatsstreich nötigen Befehle schon jetzt schriftlich niederzulegen. Frau Erika von Tresckow und Margarethe von Oven standen als Sekretärinnen zur Verfügung. Sie haben immer geschwiegen und haben nach dem Misslingen des Staatsstreiches auch gegenüber der Gestapo dichtgehalten. (…) Im Stab des Befehlshabers des Ersatzheeres beschäftigte man sich mit dem Gedanken, was geschehen müsse, um im Fall von Unruhen durch die Fülle der ausländischen Arbeiter eines Aufruhrs Herr zu werden. Unter dieser Tarnung geschah die Vorbereitung des Staatsstreichs. Um diese Maßnahmen auszulösen, genügte das Stichwort „Walküre“ an alle stellvertretenden kommandierenden Generale innerhalb des deutschen Reichsgebietes. Schon damals war klar, dass jeder Staatsstreich eine unabdingbare Voraussetzung hatte: den Tod Adolf Hitlers. Diese Tat zu vollziehen, erbot sich Graf Stauffenberg, dessen überragendes Engagement allem den Stempel aufdrückte. In seiner Stellung als Chef des Stabes beim Befehlshaber des Ersatzheeres verfügte er auch über die Hebel, die zu bedienen waren, wenn der Staatsstreich ausgelöst werden sollte. An der Doppelaufgabe, gleichzeitig Attentäter und gleichzeitig Chef des Stabes für die Durchführung „Walküre“ zu sein, sollte der Staatsstreich scheitern. (aus: Begegnungen in fünf Jahrzehnten, 1979)

Ich selbst befand mich am 20. Juli (1944) in Russland, bei der Heeresgruppe Mitte. Im Verlauf des Nachmittags erfolgte ein Anruf des Obersten (Albrecht Ritter) Mertz von Quirnheim, dem zu entnehmen war, dass das Attentat geglückt sei. Ich wurde gebeten, baldmöglichst nach Berlin zu kommen. Bald darauf kam die erste offizielle Nachricht über den Rundfunk, es sei ein Attentat gegen Hitler unternommen worden, Hitler sei aber nur unwesentlich verletzt. Zunächst glaubten Tresckow und ich, die offizielle Meldung von dem Misslingen des Attentats beruhe auf einer Lüge. Unsere Zweifel wurden erst wach, als auf dem üblichen militärischen Dienstweg der Befehl kam, es seien keine Befehle aus Berlin entgegenzunehmen. Als Begründung wurde hinzugesetzt, es gebe in Berlin Kreise, die angesichts des Attentats im Trüben fischen wollten. Eines war klar: Der große Schlag war versucht worden. Dass er missglückt sei, erfuhren wir mit Sicherheit erst, als (bald nach) Mitternacht Hitler eine Rede über alle deutschen Rundfunksender hielt. (aus: Offiziere gegen Hitler, 1984)

Dieser Herrschaft des Nationalsozialismus entgegenzutreten war nicht nur nationale, sondern menschheitliche Pflicht. (aus seiner Ansprache am 20. Juli 1965 in Bonn)

Wir fordern für die Toten des Widerstandes den Respekt, der ihnen gebührt. Dabei dürfen wir nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass es eine Elite des deutschen Volkes war, die zum Widerstand gehört hat. Reich waren darum auch der Gedankenstrom und die Fülle von Projekten und Denkschriften, die Richtlinien, die geplant waren zur politischen und wirtschaftlichen Neuordnung unseres Vaterlandes. (…) Ein der christlichen Überlieferung des Abendlandes entsprechender Staat sollte wieder errichtet werden, der auf der Pflicht seiner Bürger und Glieder zur Treue, zum Opfer (und) Dienst und zur Leistung für das Gesamtwohl ebenso ruhte, wie auf der Achtung der Person und ihrer ursprünglichen Persönlichkeitsrechte. (aus seiner Gedenkrede am 20. Juli 1967 in Berlin)